Vergabe- und Vertragshandbuch für die Hochbaumaßnahmen des Bundes

 

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Anhang 8 - Leitfaden für Ausschreibung und Vergabe zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Bau- und Abbruchabfällen sowie Baustellenabfällen bei der Durchführung von Hochbaumaßnahmen des Bundes

 

1 Zielsetzung

2 Definitionen

3 Grundsätze und Hinweise zur Anwendung des KrW-/AbfG

4 Vorbereitung der Vergabeunterlagen

 

1.    

Zielsetzung

 

Dieser Leitfaden dient dazu, den mit der Ausschreibung und Vergabe bei der Durchführung von Hochbaumaßnahmen des Bundes befassten Dienststellen ein Arbeitsmittel für einen umweltverträglichen Umgang mit Bau- und Abbruchabfällen unter Beachtung der ATV DIN 18 299 Abschnitte 0.2.14 und 2.3.1. und ATV DIN 18 459 VOB/C und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) zur Verfügung zu stellen.

 

Nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft (§ 4 KrW-/AbfG) sind Abfälle in erster Linie zu vermeiden, insbesondere durch die Verminderung ihrer Menge und Schädlichkeit, in zweiter Linie stofflich zu verwerten, sofern möglich, wieder aufzubereiten oder zur Gewinnung von Energie zu nutzen (energetische Verwertung). Nicht zu verwertende Abfälle sind allgemeinwohlverträglich zu beseitigen.

 

Dabei wird zwischen nicht gefährlichen und gefährlichen Abfällen unterschieden.

2

Definitionen

2.1.

Abfälle

 

Nach § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG sind Abfälle alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I zum Gesetz aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

2.2.

Abfallerzeuger

 

Nach § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG ist Erzeuger von Abfällen

 

jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind, oder

 

-

jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vorgenommen hat, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken.

 

Der Bauherr ist Abfallerzeuger durch Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechtes gemäß Bauvertrag.

 

Gleichzeitig ist auch der Auftragnehmer Abfallerzeuger für alle Abfälle, die bei seiner Leistungserbringung anfallen. Das betrifft sowohl Abfälle die entstehen, ohne dass die Zweckrichtung auf den Anfall der Abfälle ausgerichtet war (z. B. Baustellenabfälle) als auch Abfälle, die im direkten Zusammenhang mit der Leistungserbringung entstehen (z. B. alle Rückbauleistungen).

 

Zusätzlich wird Abfallerzeuger auch der Unternehmer, der Abfälle zentral sammelt und bearbeitet (z. B. Entsorgungs- oder Recyclingunternehmen).

2.3.

Abfallbesitzer

 

Nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG ist Besitzer von Abfällen jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über die Abfälle hat.

 

Das sind der Bauherr, auf dessen Grund und Boden der Abfall aus seinem Besitz mit seinem Wissen und Wollen anfällt (z. B. Bodenaushub, Abbruchmaterial), sowie der Auftragnehmer durch seine Leistungserfüllung (z. B. Rückbauleistungen, Transport der Bau- und Abbruchabfälle) sowie für seine Baustellenabfälle (z. B. Verschnittabfälle, Verpackungen, Bauhilfsstoffe, Reinigungsmittel etc.).

 

Zusätzlich wird Abfallbesitzer auch der Unternehmer, der Abfälle zentral sammelt und bearbeitet (z. B. Entsorgungs- oder Recyclingunternehmen).

3

Grundsätze und Hinweise zur Anwendung des KrW-/AbfG

 

Bei der Entsorgung von Bau- und Abbruchabfällen, sowie Baustellenabfällen ist eine Vielzahl von Regelungen zu beachten, die von EU-Verordnungen über Bundes- und Landesrecht bis zum kommunalen Satzungsrecht öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger reichen.

 

Bei der Ausschreibung und Vergabe von Bauaufgaben des Bundes sind die "Arbeitshilfen Recycling" des BMVBS und BMVg und die folgenden Grundsätze und Hinweise zu beachten:

 

Nach Pkt. 0.2.14 der ATV DIN 18299 sind in der Leistungsbeschreibung nach den Erfordernissen des Einzelfalls Art, Zusammensetzung und Menge der aus dem Bereich des Auftraggebers zu entsorgenden Böden, Stoffe und Bauteile anzugeben.

 

Diese Entsorgung setzt nach dem KrW-/AbfG zunächst die grundlegende Prüfung des Bauherrn voraus, Abfälle

 

-

möglichst zu vermeiden, sofern das nicht möglich ist,

 

-

zu verwerten und wenn auch diese Möglichkeit entfällt,

 

-

zu beseitigen.

 

Bereits mit Beginn der Planung sind die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft (§§ 4 - 11 KrW-/AbfG) und die Pflichten der öffentlichen Hand (§ 37 KrW-/AbfG) zu beachten. Es sind grundsätzlich gefährliche und nicht gefährliche Abfälle gemäß Abfallverzeichnisverordnung zu unterscheiden und bei der Entsorgung zu berücksichtigen.

 

Weiterhin ist bei Aufstellung der Vergabeunterlagen festzustellen:

 

-

die Art und der Umfang der Schadstoffbelastung,

 

daraus abgeleitet

 

-

der Anfall gefährlicher und nicht gefährlicher Bau- und Abbruchabfälle,

 

-

die Art der Entsorgung.

3.1.

Vermeidung von Abfällen

 

Maßnahmen zur Vermeidung von Abfällen

 

Solche Maßnahmen sind insbesondere:

 

-

Wiederverwendung von Bauteilen

 

-

Kreislaufführung von Stoffen im Bauablauf

 

-

Verwendung abfall- und schadstoffarmer Produkte

 

-

Verringerung des Bodenaushubs (ggf. schadstoffbelastet) durch planerische Maßnahmen.

 

Weitere mögliche Maßnahmen enthält die Checkliste "Bauen (fast) ohne Abfall" (Anlage 1)

 

Eine Wiederverwendung kommt insbesondere für nicht schadstoffbelasteten Bodenaushub sowie für Bauteile, z. B. Fenster, Türen, Heizkörper etc. in Betracht.

3.2.

Verwertung von Abfällen

3.2.1

Stoffliche Verwertung nicht gefährlicher Bau- und Abbruchabfälle

 

Die stoffliche Verwertung nicht gefährlicher Bau- und Abbruchabfälle ist in der Regel möglich und im Rahmen der Entsorgung vorzusehen.

 

Soweit erforderlich, sind Maßnahmen für das Bereitstellen, Überlassen, Sammeln, Einsammeln durch Hol- und Bringsysteme, Befördern, Lagern und Behandeln von Abfällen zur Verwertung vorzusehen (§ 4 Abs. 5 KrW-/AbfG).

3.2.2

Stoffliche Verwertung gefährlicher Bau- und Abbruchabfälle

 

Die stoffliche Verwertung gefährlicher Bau- und Abbruchabfälle ist unter Einhaltung definierter Randbedingungen (z. B. gedichteter Lärmschutzwall, Unterbau von Verkehrsflächen) möglich. Durch die Aufbereitung von Abfällen kann das Verwertungsspektrum erweitert werden.

 

Länderspezifische Andienungs- / Überlassungspflichten nach § 13 Abs. 4 KrW-/AbfG sind zu beachten und gelten in der Regel nur für gefährliche Abfälle zur Beseitigung.

3.2.3

Energetische Verwertung von Abfällen

 

Soweit Stoffe und Bauteile weder wiederverwendet noch stofflich verwertet werden können, ist eine energetische Verwertung anzustreben und der Einsatz als Ersatzbrennstoff zu prüfen (§ 4 Abs. 4 KrW-/AbfG). Die energetische Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen ist in der Praxis von un­tergeordneter Bedeutung.

3.2.4

Verwendung von Recyclingbaustoffen

 

Zur Schonung der natürlichen Ressourcen (Primärrohstoffe) sind möglichst wiederaufbereitete Stoffe (Recyclingbaustoffe) zu verwenden (siehe § 1 KrW/AbfG).

 

Sie müssen für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet und mit den übrigen verwendeten Stoffen und Bauteilen abgestimmt sein (siehe Abschn. 2.3.1 i.V.m. 2.1.3 der ATV DIN 18 299).

 

Im Einzelfall ist anzugeben, welche Anforderungen an die Recyclingbaustoffe zu stellen sind (siehe Abschn. 0.2.10 der ATV DIN 18 299). Dies kann z. B. eine mögliche Unverträglichkeit zu anderen Baustoffen betreffen. Wiederaufbereitete Recyclingbaustoffe sind z. B.:

 

-

Gipskartonplatten aus REA-Gips,

 

-

Zellulosedämmstoffe aus Zeitungspapier,

 

-

Schüttdämmstoffe aus Schaumglasgranulat,

 

-

Bautenschutz- und Schalldämmmatten aus Altgummi,

 

-

Bauplatten aus recyceltem Schiefer oder Kunststoffen,

 

-

Dämmungsmatten aus Altreifen,

 

-

Straßenbaustoffe aus Straßenaufbruch.

3.3.

Beseitigung von nicht verwertbaren Abfällen

 

Abfälle, die nicht verwertet werden können, sind allgemeinwohlverträglich zu beseitigen (§ 10 Abs. 1 KrW-/AbfG).

4

Vorbereitung der Vergabeunterlagen

 

In der Leistungsbeschreibung und in den weiteren Vergabeunterlagen ist im Hinblick auf Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen folgendes grundlegend zu beachten:

4.1.

Ergänzung der Vergabeunterlagen

 

Formblatt „Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Bau- und Abbruchabfällen sowie Baustellenabfällen" (241 Abfall) ist in die Vergabeunterlagen einzubeziehen.

4.2.

Leistungsbeschreibung

 

Bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung sind nach Lage des Einzelfalls die Standardleistungstexte des StLB-Bau 087"Abfallentsorgung, Verwertung und Beseitigung" bzw. die Texte spezieller Leistungsbereiche, z. B. StLB-Bau 083 "Sanierungsarbeiten an schadstoffhaltigen Bauteilen", zu verwenden.

 

Die Vermeidung von Bau- und Abbruchabfällen hat vorrangig durch planerische Maßnahmen zu erfolgen; wie beispielsweise die Wiederverwendung von Bodenaushub durch Verfüllen bzw. die Nutzung wieder verwendbarer Schalungen oder gebäudetechnischer Anlagen am gleichen Ort oder an anderer Stelle.

 

Gegebenenfalls sind Teilleistungen im Leistungsverzeichnis vorzusehen, in denen diese wieder verwendbaren Stoffe dem Auftragnehmer zur Wiederverwendung gegen Entgelt überlassen werden. Dafür ist im Leistungsverzeichnis ein besonderer Abschnitt vorzusehen

 

Die Maßnahmen zur Entsorgung von Abfällen sind in Teilleistungen bzw. Titeln des Leistungsverzeichnisses zu erfassen. In jedem Einzelfall ist die Übernahme der vom Betreiber der Abfallentsorgungsanlage geforderten Kosten bzw. die Erstattung der Kosten auf Nachweis durch den Auftraggeber festzulegen.

 

Im Rahmen der Planung von Rückbaumaßnahmen ist ein Abfallentsorgungskonzept mit folgenden Inhalten zu empfehlen:

 

-

Art und Menge der zu erwartenden Bau- und Abbruchabfälle

 

-

Abfallkataster mit allen zu erwartenden Abfällen (Vorkommen, Mengen, Abfallschlüssel)

 

-

Darstellung möglicher Gefährdungen (Schadstoffe)

 

-

Darstellung von Verfahrenswegen der Trennung

 

-

Gegebenenfalls Beprobung mit Probenahmeprotokollen und Nachweisen von Analysen bei Kontaminationsverdacht (z. B. Haufwerksanalysen vor Wiedereinbau oder Entsorgung)

 

-

Darstellung von möglichen Entsorgungswegen

 

Es ist vorzusehen, dass der Auftraggeber die Deponiegebühren an den Deponiebetrieb unmittelbar bezahlt und Rechnung bzw. Gebührenbescheid auf den Auftraggeber ausgestellt werden.

 

Bei der Aufstellung der Teilleistungen für die Abfallentsorgung sind die Abfallschlüssel gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) zu verwenden.

 

17 Bau- und Abbruchabfälle (einschließlich Aushub von verunreinigten Standorten),
Abfallschlüssel / Abfallbezeichnung nach AVV
Die mit einem Sternchen (*) versehenen Abfallarten im Abfallverzeichnis sind gefährlich im Sinne des § 41 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.

1701
Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik

170101 Beton

170102 Ziegel

170103 Fliesen, Ziegel und Keramik

170106* Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten

170107 Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 170106 fallen

 

1702
Holz, Glas und Kunststoff

170201 Holz

170202 Glas

170203 Kunststoff

170204* Glas, Kunststoff und Holz, die gefährliche Stoffe enthalten oder durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind

 

 

1703
Bitumengemische, Kohlenteer und teerhaltige Produkte

170301* kohlenteerhaltige Bitumengemische

170302 Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 170301 fallen

170303* Kohlenteer und teerhaltige Produkte

 

 

 

1704
Metalle (einschließlich Legierungen) -

170401 Kupfer, Bronze, Messing

170402 Aluminium
170403 Blei
170404 Zink
170405 Eisen und Stahl
170406 Zinn

170407 gemischte Metalle

170409* Metallabfälle, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind

170410* Kabel, die Öl, Kohlenteer oder andere gefährliche Stoffe enthalten

170411 Kabel mit Ausnahme derjenigen, die unter 170410 fallen

1705
Boden (einschl. Aushub von verunreinigten Standorten), Steine und Baggergut

170503* Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten

170504 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 170503 fallen

170505* Baggergut, das gefährliche Stoffe enthält

170506 Baggergut mit Ausnahme desjenigen, das unter 170505 fällt

170507* Gleisschotter, der gefährliche Stoffe enthält

170508 Gleisschotter mit Ausnahme desjenigen, der unter 170507 fällt

1706
Dämmmaterial und asbesthaltige Baustoffe

170601* Dämmmaterial, das Asbest enthält

170603* anderes Dämmmaterial, das aus gefährlichen Stoffen besteht oder solche Stoffe enthält

170604 Dämmmaterial mit Ausnahme desjenigen, das unter 170601 und 170603 fällt

170605* asbesthaltige Baustoffe

 

 

1708
Baustoffe auf Gipsbasis

170801* Baustoffe auf Gipsbasis, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind

170802 Baustoffe auf Gipsbasis mit Ausnahme derjenigen, die unter 170801 fallen

 

 

 

 

1709
Sonstige Bau- und Abbruchabfälle

170901* Bau- und Abbruchabfälle, die Quecksilber enthalten

170902* Bau- und Abbruchabfälle, die PCB enthalten (z. B. PCB-haltige Dichtungsmassen, PCB-haltige Bodenbeläge auf Harzbasis, PCB-haltige Isolierverglasungen, PCB-haltige Kondensatoren)

170903* sonstige Bau- und Abbruchabfälle (einschl. gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten

170904 gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 170901, 170902 und 170903 fallen

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: 

Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis, Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I Nr. 65 vom 12.12.2001 S. 3379), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1619))