Vergabe- und Vertragshandbuch für die Hochbaumaßnahmen des Bundes

 

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247 Richtlinien Aufträge mit besonderen Anforderungen aufgrund Geheimschutz und / oder Sabotageschutz

 

 

1 Notwendigkeit der Anwendung von Formblatt 247

2 Notwendige Sicherheitsüberprüfungen und materielle Geheimschutzmaßnahmen

 

1   

Notwendigkeit der Anwendung von Formblatt 247

 

Bei Aufträgen können sich aufgrund von Anforderungen durch Geheimschutz oder Sabotageschutz Besonderheiten bei der Abwicklung der Maßnahmen ergeben und zwar, wenn bei Ausführung der Leistung

 

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der Auftragnehmer voraussichtlich Zugang zu Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) erhalten oder sich verschaffen kann (Fallgruppe 1),

 

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im Betrieb des Auftragnehmers oder etwaiger Nachunternehmer voraussichtlich Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-VERTRAULICH, GEHEIM oder STRENG GEHEIM zu bearbeiten und / oder zu verwahren sein werden (Fallgruppe 2),

 

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Beschäftigte des Auftragnehmers oder etwaiger Nachunternehmer voraussichtlich in Sicherheitsbereichen einzusetzen sein werden und/oder im Bereich der Baustelle Zugang zu Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-VERTRAULICH, GEHEIM oder STRENG GEHEIM erhalten oder sich verschaffen können (Fallgruppe 3),

 

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Beschäftigte des Auftragnehmers oder etwaiger Nachunternehmer voraussichtlich in Bereichen einzusetzen sein werden, für die Beschränkungen unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes gelten (Fallgruppe 4).

 

Die nachfolgenden Erläuterungen bezüglich notwendiger Sicherheitsüberprüfungen und sonstiger bei der Durchführung der Aufträge zu berücksichtigender Regelungen haben ihre Grundlage in den Vorschriften des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes des Bundes (SÜG), dem Handbuch für den Geheimschutz in der Wirtschaft (Geheimschutzhandbuch-GHB), der Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung-VSA) sowie den Vorschriften der RiSBau (Abschnitt 16 RBBau) und sind für in Frage kommende Aufträge unabhängig davon anzuwenden, ob der Schwellenwert erreicht ist oder nicht.

 

Für Aufträge nach den Fallgruppen 1 bis 4 sind die entsprechenden Festlegungen der nutzenden Verwaltung gemäß Ziffer 3 RiSBau rechtzeitig einzuholen. Für die Gestaltung der Vergabeunterlagen sind die Ziffern 4 bis 8 der RiSBau maßgebend.

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Notwendige Sicherheitsüberprüfungen und materielle Geheimschutzmaßnahmen

2.1

Fallgruppe 1: Zugang zu VS-NfD

 

Bieter bzw. Auftragnehmer, die lediglich mit dem niedrigsten Geheimhaltungsgrad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) umgehen müssen, bedürfen keiner Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes (SÜG). Bevor sie jedoch Zugang zu solchen Verschlusssachen erhalten, müssen sie mit dem VS-NfD-Merkblatt (Anlage 7 zur VSA vom 31. März 2006) über ihre entsprechenden Pflichten belehrt werden und sich zu deren Einhaltung verpflichten (vgl. § 7 Abs. 4 VSVgV).

 

Muss bereits für die Erstellung des Angebotes Zugang zu Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-NfD gewährt werden, ist bei Vergabeverfahren mit öffentlicher Vergabebekanntmachung die Anerkennung des VS-NfD-Merkblattes im Teilnahmewettbewerb zu fordern, bei Vergabeverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Das VS-NfD-Merkblatt wird über die Vereinbarung von Formblatt 247 Vertragsbestandteil.

2.2

Fallgruppe 2: VS-Bearbeitung und / oder -Aufbewahrung im Firmensitz

 

Wenn Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-VERTRAULICH“ oder höher - auch nur kurzzeitig - beim Bieter bzw. Auftragnehmer selbst aufbewahrt werden sollen (z. B. eingestufte Planunterlagen, die dem Bieter / Auftragnehmer übergeben oder von ihm selbst erstellt werden), muss sichergestellt sein, dass der betreffende Bieter / Auftragnehmer geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten für Verschlusssachen besitzt. Dies kann ausschließlich durch einen sog. Sicherheitsbescheid des BMWi nachgewiesen werden, der betreffende Bieter / Auftragnehmer muss sich also in der Geheimschutzbetreuung des BMWi gemäß dem Geheimschutzhandbuch des Bundes befinden.

2.3

Fallgruppe 3: Tätigkeit in Sicherheitsbereichen und / oder Zugang zu VS-VERTRAULICH oder höher im Bereich der Baustelle

 

Soweit Mitarbeiter des Auftragnehmers oder etwaiger Nachunternehmer voraussichtlich in Sicherheitsbereichen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 SÜG einzusetzen sein werden oder auf der Baustelle einen möglichen Zugang zu VS-VERTRAULICH oder höher eingestuften Verschlusssachen nehmen können, üben sie eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit gem. § 1 Abs. 2 SÜG aus und bedürfen hierfür gem. § 2 Abs. 1 S.1 SÜG einer vorherigen Sicherheitsüberprüfung.

 

Wenn aus Gründen des Geheimschutzes innerhalb oder außerhalb bestehender Anlagen die Einstufung „VS-Vertraulich“ oder höher zur Abgrenzung von Baustellen oder Teilen von Baustellen führt, so handelt es sich um eine Sperrzone im Sinne von Ziffer 2.4 RiSBau. Die Festlegung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, erfolgt durch die nutzende Verwaltung und unterliegt der Nachprüfung gem. §§ 155 ff. GWB.

 

Ein Sicherheitsbereich wird entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 3 SÜG aufgrund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen von der jeweils zuständigen obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde festgelegt.

2.3.1 

Befindet sich das jeweilige Unternehmen in der Geheimschutzbetreuung des BMWi (vgl. hierzu schon bei Nr. 2.2), können Angaben zu vorhandenen Sicherheitsüberprüfungen dem Sicherheitsbescheid des BMWi entnommen und ggf. ergänzend vom Sicherheitsbevollmächtigten des betreffenden Unternehmens angefordert werden.

 

Sind weitere Sicherheitsüberprüfungen erforderlich, muss gem. Geheimschutzhandbuch des Bundes der entsprechende Antrag durch den Sicherheitsbevollmächtigten des Unternehmens gestellt werden.

 

Hat der Auftragnehmer bzw. der von ihm eingebundene Nachunternehmer / Unterauftragnehmer seinen Sitz oder Wohnsitz nicht in der Bundesrepublik Deutschland, so müssen entsprechende Sicherheitsunbedenklichkeitserklärungen der zuständigen Behörde seines Heimatstaates auf dem diplomatischen Wege rechtzeitig beigebracht werden.

2.3.2

Befindet sich das jeweilige Unternehmen nicht in der Geheimschutzbetreuung des BMWi, müssen die erforderlichen Sicherheitsüberprüfungen anderweitig nachgewiesen werden, insbesondere durch eine entsprechende Bestätigung der überprüfenden Stelle; dabei ist vorab mit der nutzenden Verwaltung zu klären, welche Sicherheitsüberprüfung bzw. Nachweise akzeptiert werden.

 

Falls Bietern / Auftragnehmern die Möglichkeit einer nachträglichen Sicherheitsüberprüfung eingeräumt werden soll, also das Vorhandensein der erforderlichen Sicherheitsüberprüfung vom Bewerber nicht bereits mit dem Teilnahmeantrag nachzuweisen ist, muss diese Sicherheitsüberprüfung gemäß Ziffer 5.1.2 RiSBau veranlasst werden.

2.4

Fallgruppe 4: Vorbeugender personeller Sabotageschutz

 

Die Konstellation, dass Beschäftigte des Auftragnehmers oder etwaiger Nachunternehmer voraussichtlich in Bereichen einzusetzen sein werden, für die besondere Beschränkungen unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes gelten, ist insbesondere bei Baumaßnahmen des BMVg oder des BMI anzutreffen, wenn Arbeiten in Schutzzonen auszuführen sind.

 

Schutzzonen sind wegen anderer Sicherheitsbelange - z. B. Sabotageschutz - abgegrenzte Baustellen oder abgegrenzte Teile von Baustellen (vgl. Ziffer 2.5 RiSBau). Die Festlegung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, erfolgt durch die nutzende Verwaltung.

 

Sind Arbeiten innerhalb einer Schutzzone auszuführen, bedeutet dies nicht, dass Bieter bzw. Auftragnehmer mit dem Geheimhaltungsgrad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ (VS-NfD) umgehen müssen oder bei der Vergabe oder Ausführung Zugang zu Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-VERTRAULICH“, „GEHEIM“ oder „STRENG GEHEIM“ erhalten oder sich verschaffen können.

 

Gleichwohl ergeben sich bei der Durchführung der Baumaßnahmen gem. Ziffer 6 RiSBau Anforderungen, weil das Betreten und das Verlassen von Schutzzonen durch eine Personenkontrolle zu überwachen und in einem Kontrollbuch nachzuweisen ist.

 

Die Notwendigkeit für eine Sicherheitsüberprüfung ergibt sich in diesen Fällen aus § 1 Abs. 4 SÜG. Die Bauverwaltung veranlasst vor Ausstellung einer Zutrittsgenehmigung, dass der betreffende Personenkreis überprüft wird.

 

Grundsätzlich ist in diesen Fällen eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü2 Sabotageschutz) durchzuführen, vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 SÜG, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach § 8 SÜG für ausreichend hält. Die für eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus § 12 SÜG.

 

Beschäftigte des Auftragnehmers und seiner Nachunternehmer / Unterauftragnehmer erhalten nur Zutritt zur Schutzzone, wenn sie - nach erfolgreicher Sicherheitsüberprüfung - im Besitz einer vom Auftraggeber ausgestellten gültigen Zutrittsgenehmigung sind.